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Schöneweide ist doch einfach mega, das darf ganz Berlin wissen! Dachten sich Meri und Leo – und riefen einen Kiezblog über den Stadtteil ins Leben, in dem sich auch mein #ideenstudio befindet. Gesammelt wird, was die Mädels „an Schöneweide lieben“, die versteckten Schönheiten eben. Cafés, Läden, eindrucksvolle Orte. Und so findet auch der langjährige Schöneweider vielleicht noch das eine oder andere, was ihm bisher verborgen blieb. Seit Mitte März gibt es den Blog erst – dennoch hat er sich bereits eine respektable Bekanntheit erarbeitet.

Ich will wissen, welchen Blick die Autorinnen selbst auf Schöneweide haben, was sie antreibt, diesen Blog in ihrer Freizeit zu führen. Gedacht, getan – an einem sonnigen Vormittag treffe ich mich mit den beiden Mädels auf einen Cappuccino und ein Interview in der Espressobar LALÜ.

Wie lange seid ihr denn nun schon in Schöneweide?

Wir sind 1 bzw. 1,5 Jahre hier. Ehrlicherweise dachten wir zuerst „Wo sind wir denn hier gelandet?“

Wie reagieren andere, wenn ihr ihnen erzählt, wo ihr wohnt?

Als erstes fällt ja immer sofort der Begriff „Schweineöde“. Wir können es ehrlich gesagt schon gar nicht mehr hören. „Mein Beileid“ ist auch so eine Reaktion. Und dieses Nazi-Image, das ist dann doch auch noch irgendwie präsent. Man hat so das Gefühl, dass man sich dafür rechtfertigen muss, wenn man in Schöneweide wohnt. Obwohl es ganz toll hier ist. Und das wollen wir mit dem Blog auch zeigen.

Und was liebt ihr nun an Schöneweide, gibt es etwas, das euch hier besonders beeindruckt?

Auf jeden Fall die Wassernähe. Das hat uns umgehauen. Wir haben Berlin nie so als Stadt am Wasser empfunden, so wie es beispielsweise Hamburg ist. Selbst wenn man in Kreuzberg oder Neukölln direkt am Kanal wohnt, das ist irgendwie nicht so spektakulär. Diese Atmosphäre, die hier das Wasser schafft, der Nebel, die Eisschollen im Winter, der Sonnenuntergang über dem Wasser, das ist der Wahnsinn. Obwohl es gar nicht so viel Platz am Wasser gibt, weil viel zugebaut ist.

berlin-schoeneweide-03

Außerem die alte Industrie-Architektur, die mit neuem Leben gefüllt wird. Diese teils abgeranzten Orte, haben einen ganz besonderen Charme. Das was Berlin lange ausgemacht hat, diese Verbindung aus alt und neu als Spielwiese für die kreative Szene, das verschwindet immer mehr aus der Innenstadt. Hier gibt es das noch.

Und natürlich auch der Wald, die Wuhlheide. Schöneweide ist ein Stadtteil zwischen Wasser und Wald, diese Kombination finden wir gut. Und, dass es hier auch noch ein bisschen ruhiger ist.

Im Vergleich zu den „Szene-Kiezen“?

Schöneweide ist, zumindest momentan noch, so ein bisschen der Gegenentwurf zu gentrifizierten Vierteln wie Prenzlauer Berg. Die Einwohnerschaft ist hier noch herrlich durchmischt. Man sieht Familien, junge Leute, ältere Leute, aber tatsächlich auch schon ein paar Hipster. Aber generell haben wir den Eindruck, Schöneweide wird neben einem Standort für Kunst und Kultur auch zu einem „Schöner Wohnen“ Stadtteil gemacht. So gibt es bezeichnenderweise in der Schnellerstraße, wo es sonst ganz viele leere Schaufenster gibt, neuerdings einen eher hochpreisigen Bio-Kindersachen-Laden . Bevor es auch nur eine coole Kneipe gibt, irgendwas zum abends weggehen, gibt es was für Familien – was natürlich auch toll ist. Aber wir fragen uns, ob Schöneweide sich direkt von oll zu teuer entwickelt, ohne eine Zwischenstufe.

Und abends ist hier halt eher tote Hose, es gibt wenig zum Ausgehen oder was trinken, allgemein fehlt viel an Infrastruktur. Aber wenn das alles kommt, besteht dann eben auch die Gefahr der Gentrifizierung.

Berlin-Oberschöneweide Street Art

Seht ihr einen großen Unterschied zwischen Oberschöneweide und Niederschöneweide?

Ja, klar. Oberschöneweide hat die bessere Infrastruktur, obwohl sie, wie gesagt, auch noch lückenhaft ist. Die Wilhelminenhofstraße ist viel belebter als die Schnellerstraße, das ist gar kein Vergleich. Niederschöneweide hat zwar die Nähe zur S-Bahn, dafür hat Oberschöneweide die Abendsonne . Aber auf dem Blog schreiben wir über beides.

Bahnhof Berlin-Schöneweide

Woher bekommt ihr die Ideen für eure Themen – geht ihr durch den Kiez und schaut, was euch auffällt oder sind das Empfehlungen?

Wir haben uns immer gefreut, wenn wir was gesehen haben – und dann gedacht: „Ach schau mal, das gibt’s hier auch. Darüber müsste man mal was schreiben.“. Und dann ploppen hier ja auch immer wieder neue Dinge auf, wie Miss Sophie’s Planet oder Fachgerecht. Das kommt irgendwie alles von selbst. Am Anfang haben wir gemeinsam gebrainstormt – aber eigentlich fast auf Anhieb eine Liste von mindestens 20 Sachen, über die wir als nächstes schreiben wollen und ständig kommen neue Ideen hinzu. Inzwischen kommen die Leute auch auf uns zu und fragen, ob wir nicht über sie schreiben wollen.

Was habt ihr denn noch so für Themen in der Pipeline?

Wir wollen beispielsweise nicht nur Posts über Locations machen, die es hier gibt, sondern auch einen Beitrag „Schöneweide in Zahlen“. Und wir haben ganz viele Ideen für Fotostrecken. Über Ruinen zum Beispiel, so verwunschene Orte. Solange sie noch so sind, wie sie sind. In der Schnellerstraße wird ja jetzt gerade wieder so ein markantes altes Gebäude für den neuen EDEKA platt gemacht. Da hinten, wo jetzt auch Mömax und Decathlon neu gebaut wurden.

Beunruhigt euch das?

Wir finden, das ist nicht, was Schöneweide braucht. Fraglich ist auch wie viele nachhaltige Arbeitsplätze dadurch geschaffen werden.

Ihr habt ja einen ordentlichen Erfolg mit dem Blog, obwohl es euch noch nicht lange gibt – habt ihr damit gerechnet?

Wir haben im März dieses Jahres angefangen, waren einen Tag online und wurden direkt geliked, weitergepostet, weitergeleitet. Dabei dachten wir, wir gehen total unter im Netz. Stattdessen hatten wir in der ersten Woche gleich 2.000 Aufrufe. Das ist echt verrückt. Und irgendwie merkt man da auch, was für ein Dorf Schöneweide ist, aber ein schönes Dorf – in den entsprechenden Facebook-Gruppen trifft man dann auch oft die gleichen Leute. Postet man dann was, wissen es gleich alle. Dann hat ja auch noch qiez.de über uns geschrieben und „Mit Vergnügen“ mit unserer Hilfe einen Schöneweide Guide veröffentlicht.

Habt ihr inzwischen schon eine Stammleserschaft?

Wir schätzen, ja. Das werden wohl größtenteils dieselben sein, die unsere Artikel lesen. Wir haben auch schon total nette E-Mails von Leuten bekommen, die sich so freuen, dass wir positiv über den Stadtteil schreiben, in dem sie schon seit 20 Jahren wohnen. Oder auch von Familien.

Was habt ihr generell für Pläne mit dem Blog, wollt ihr da vielleicht eine Community draus machen?

Wir würden gerne noch viel viel mehr machen, aber da wir hauptberuflich etwas ganz anderes machen, ist das zeitlich immer so eine Gratwanderung. Da bleibt dann manches auch mal liegen, weil man nicht dazu kommt. Gastbloggerauftritte oder so haben wir schon mit im Kopf. Gerade was die Bereiche Foto oder Kunst betrifft – dass z.B. Künstler dann auch bei uns eine Plattform bekommen. Ansonsten soll das erstmal im reinen Blogformat bleiben. Aber vielleicht mal das Design und die Technik dahinter ein bisschen professionalisieren. Wir lassen uns auch etwas überraschen.

Zum Schluss einen Wunsch an Schöneweide?

Ein Biergarten auf dem Platz am Kaisersteg! Es gibt ja dieses Projekt des „Urban Gardening“ – vielleicht könnte man da ja eine Splittergruppe gründen: „Urban Beergardening“.

Neugierig geworden? Der Megaschöneweide-Blog ist hier zu finden:
http://megaschoeneweide.blogspot.de/

Fotos:
Bild 1: CC-BY-SA Lienhard Schulz / Wikipedia
Bild 2: CC-BY-SA Nicolai Fleckenstein / Her(r) mit Ideen
Bild 3: CC-BY-SA Nicolai Fleckenstein / Her(r) mit Ideen
Bild 4: CC-BY-SA IngolfBLN / Wikimedia Commons

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