Es ist das Ärgernis des Programmierers: das „Google Pleasing“, also das Überarbeiten von Inhalten, Struktur oder Technik allein, um Google zu „gefallen“ und die Chancen auf eine bessere Platzierung zu erhöhen. Doch ist das wirklich so? Geht es bei all diesen Maßnahmen, auf die SEOs bestehen und mit denen sie die Programmierer, Designer und Admins dieser Welt quälen, wirklich nur um Google? Eine kritische Analyse beispielhafter technischer SEO-Maßnahmen.
Maßnahmen, die keinen Einfluss auf das Design nehmen
Den von SEO genervten Designern mag es ein Trost sein: Viele technische Anpassungen sind tatsächlich genau das: Veränderungen an der Technik der Website oder des Online Shops, die das Design nicht beeinflussen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist vollkommen unabhängig von der grafischen Gestaltung und kann also ohne ästhetische oder künstlerische Kompromisse durchgeführt werden. Dazu gehören die folgenden Punkte:
XML-Sitemaps
Eine Sitemap gibt einen Überblick über alle relevanten Seiten einer Domain. Korrekt implementiert und in den Google Webmastertools eingetragen, erleichtert sie Google die Indexierung, zeigt neue oder veränderte Unterseiten an und sorgt so dafür, dass Veränderungen schneller in den Suchergebnissen auftauchen. Insbesondere für bildlastige Websites gibt es die Möglichkeit einer Image-Sitemap, welche die Google-Bildersuche füttert – spannend nicht nur für Fotografen.
Die Konsequenzen? Keine Domain fliegt aus dem Google Index, nur weil es keine Sitemap gibt, auch hat diese keinen direkten Einfluss auf die Rankings. Wer regelmäßig Inhalte auf seiner Website oder in seinem Online Shop aktualisiert oder neu hinzufügt, tut gut daran, Google dies mitzuteilen, um diese Inhalte für Nutzer auffindbar zu machen und zu vermeiden, dass alte Inhalte in den Suchergebnissen auftauchen, die menschliche Benutzer irritieren oder im schlimmsten Fall verärgern.
Redirects
Alte Inhalte oder URLs, die nicht mehr verfügbar sind, sollten mit dem korrekten Redirect auf die passendste neue Seite/URL weitergeleitet werden. Und das, darauf pochen SEOs seit Jahren, mit einem permanenten Redirect (301), es sei denn Inhalte sind tatsächlich nur zeitlich begrenzt unter einer neuen URL verfügbar.
Die Konsequenzen? Wer sich nicht um die korrekte Verwendung von Weiterleitungen kümmert, nimmt in Kauf, dass Nutzer in den Suchergebnissen veraltete Seiten finden, die nicht mehr existieren, also auf einer Fehlerseite landen. Ist diese ansprechend gestaltet und bietet ausreichend Möglichkeiten, sich weiter durch die Seite zu navigieren oder über die Suche die gesuchten Inhalte zu finden, mag dies zu verschmerzen sein, unerfreulich ist es dennoch und der Absprungrate dürfte es ebenfalls nicht gut tun. Das Ergebnis sind unzufriedene Besucher und möglicherweise verpasste Conversions.
Vermeidung doppelter Inhalte (Duplicate Content)
Identische oder sehr ähnliche Inhalte, die unter verschiedenen URLs aufrufbar sind, gehören zu den Faktoren, die einer Domain direkt im Ranking schaden können. Es sollte daher immer eine Version der URLs festgelegt, Duplikate auf diese weitergeleitet werden. Auch der Canonical Tag hilft als Lösung gegen dieses Problem.Sind sehr ähnliche oder identische Inhalte nicht zu vermeiden, so hilft auch ein Canonical Tag, der Google einen Hinweis darauf gibt, welches die „Haupt-URL“ ist und dass es sich bei anderen um (bewusste) Duplikate handelt. Werden diese Canonicals aus Unwissen oder unbemerkt vom System falsch gesetzt, so richten sie mehr Schaden an als dass sie nutzen.
Die Konsequenzen? Gibt es mehrere URLs (beispielsweise aufgrund technischer Mängel im System, die dafür sorgen, dass alle URLs mit und ohne Trailing Slash am Ende aufrufbar sind) mit identischen Inhalten, besteht die Gefahr, dass keine von ihnen gut in den Suchergebnissen gerankt wird, da sie sich gegenseitig „kannibalisieren“. Während es dem menschlichen Besucher tatsächlich gleichgültig sein dürfte, ob es mehrere URLs mit identischen Inhalten gibt, ist Google auf Effizienz bedacht. Duplikate verbrauchen unnötig Speicherplatz und bieten keinen Mehrwert in den Suchergebnissen. Diese Maßnahme tut tatsächlich vor allem Google einen Gefallen.
Sprachauszeichnung durch hreflang
Um den Suchmaschinen mitzuteilen, auf welcher Sprache (und, optional, für welches Zielland) eine einzelne Seite verfasst wurde, ist die Auszeichnung mit hreflang hilfreich. Hierdurch kann unterstützt werden, dass in den entsprechenden Sprach- bzw. Länderversionen von Google jeweils die passenden Unterseiten gefunden werden. Google weiß durch eine korrekte Sprach- und Zielland-Auszeichnung genau, welche Seiten zusammengehören und welches die Äquivalente in anderen Sprachen bzw. für eine andere Zielgruppe sind.
Die Konsequenzen? Eine falsche oder fehlende Sprachauszeichnung kann zum einen zu einem Duplicate Content-Problem führen (siehe oben) und zum anderen dazu beitragen, dass Nutzer Seiten in den Suchergebnissen finden, die nicht in ihrer Sprache geschrieben bzw. nicht auf ihr Land ausgerichtet sind. Gut sichtbare Umschaltmöglichkeiten dämmen dieses Problem ein, nutzerfreundliches ist es jedoch, User direkt auf die passenden Versionen zu leiten.
Überschriftenstruktur
Die Verwendung von Headlines für Überschriften sowie deren korrekte Reihenfolge (nur eine h1-Headline, weitere Headlines in ansteigender logischer Reihenfolge) und der Verzicht auf Headlines als Design-Element gehört zu den ältesten SEO-Maßnahmen. Mit fertigen Templates und systemgenerierten Elementen ist die Headline-Auszeichnung oft nicht optimal, es muss manuell nachgebessert werden.
Die Konsequenzen? Zum einen gehört eine korrekte Überschriftenstruktur genau wie korrektes HTML zum sauberen Programmierhandwerk, zum anderen wird durch eine falsche Auszeichnung von Texten oder sogar Bildern mit Überschriften Potenzial verschenkt. Um die Relevanz einer Seite für einen Themenzusammenhang zu erhöhen, sind Überschriften ein wichtiges Mittel. Für den Nutzer letztendlich ist es natürlich gleichgültig, ob die Hauptüberschrift und die Zwischenüberschriften tatsächlich als Headlines ausgezeichnet wurden oder es sich einfach um größeren fetten Text handelt. Diese Maßnahme zählt also zum sauberen Arbeiten sowie zu den SEO-To Dos, von denen der Nutzer nur indirekt profitiert.
„Sculpting“, noindex und nofollow
Es ist eine Maßnahme, die inzwischen unter Experten sehr umstritten ist. Es gibt nicht DIE korrekte Antwort, nur persönliche Einschätzungen, unterschiedliche Aussagen von Google selbst sowie sicherlich auch eigenes Empfinden: Sollten externe und unwichtige interne Links mit „nofollow“ ausgezeichnet werden, um Google mitzuteilen, dass diesen Links nicht zu folgen ist? Links in Advertorials müssen nach Googles Willen ausgezeichnet werden, um keinen manipulativen Linkaufbau zu betreiben (denn dieser wird nicht gern gesehen und kann abgestraft werden), bei anderen Links gehen die Meinungen auseinander.
„Noindex“ besagt außerdem, dass die entsprechende Seite nicht in den Google-Index aufgenommen werden sollte, beispielsweise Serviceseiten eines Online-Shops oder die Datenschutzerklärung.
Die Konsequenzen? Ob das sogenannte „Sculpting“ inzwischen noch funktioniert, also die „follow“-Links von der „nofollow“-Auszeichnung anderer Links profitieren (vereinfacht gesagt, ist dies historisch so begründet, dass sich der „Linkjuice“ gleichmäßig auf alle Links einer Seite verteilt, durch „nofollow“ also die übrigbleibenden Links mehr „Linkjuice“ abbekommen, also gestärkt werden), ist fraglich. Um zu verhindern, dass irrelevante Seiten in den Index gelangen, mit denen der Nutzer nichts anfangen kann, wenn er auf ihnen landet, ist „noindex“ jedoch in jedem Fall eine sinnvolle Maßnahme, die nicht allein Google nützt, sondern auch der Usability dient.
Maßnahmen, die das Design beeinflussen
Einige Empfehlungen und Forderungen von Google und Suchmaschinenoptimierern nehmen im Gegensatz zu den oben aufgeführten Punkten Einfluss auf Design-Entscheidungen und verhindern völlig freie kreative Entfaltung. Hier müssen Kompromisse eingegangen oder die Konsequenzen in Kauf genommen werden. Wie dies aussehen kann, ist unter den einzelnen Maßnahmen nachzulesen.
Vermeidung von Flash, Ergänzung von Textinhalten
Flash erhöht die Ladezeit und erzeugt Inhalte, die von den Suchmaschinen nur sehr begrenzt wahrgenommen werden können. Wichtige Inhalte in Flash-Animationen zu verpacken, ohne begleitende Textelemente sorgt also dafür, dass diese nicht von Google interpretiert werden können. Gerade Seiten von Künstlern setzen sehr auf visuelle Inhalte, die für Nutzer ansprechend aufbereitet die Individualität des Verfassers unterstreichen. Lange Textpassagen, die von Google geschätzt werden, sind Designern meist ein Dorn im Auge, da sie ein attraktives Layout schnell verschandeln können. Besonders auf der Startseite, dem Aushängeschild der Website, sind kreative Köpfe oft wenig kompromissbereit.
Die Konsequenzen? Wer nicht bereit ist, Flash-Inhalte durch Textelemente zu ergänzen, die auch die Suchmaschinen interpretieren kann, muss sich damit abfinden, für allgemeinere Suchbegriffe vermutlich nicht gefunden zu werden. Ist das Ziel allein eine Imageseite, die bei der Suche nach dem eigenen Namen in den Suchergebnissen auftaucht, mag diese Strategie aufgehen, doch auch hier läuft sie Gefahr von contentlastigeren Seiten (Beispielsweise einem Newsartikel oder eine Biografie, einem Interview oder einer kommentierten Bildergalerie in einem Online-Magazin) von den oberen Positionen vertrieben zu werden. Inwieweit den Nutzer die Flash-Animationen und die vermutlich längere Ladezeit stören, ist sicherlich individuelle Geschmackssache und Frage der eigenen Geduld und technischen Voraussetzungen des Geräts. Wer ernsthaft für die eigenen Leistungen/Themen gefunden werden möchte, wird nicht um Unterseiten herumkommen, die Google-lesbaren Content enthalten – und sicherlich liest auch der eine oder andere User gern eine Biografie.
Ein möglicher Kompromiss? Auch Text lässt sich optisch ansprechend in eine Seite einbinden. Durch Design-Tricks wie JavaScript-Elemente, die erst bei Klick zu ihrer vollen Größe ausfahren können auch große Textblöcke, die vorrangig die Suchmaschine und einen kleinen Teil der menschlichen Seitenbesucher interessieren, in ein anspruchsvolles, bildlastiges Design einbinden. Auf der Startseite beispielsweise könnten grafische Elemente auf die Textinhalte verweisen, durch Anklicken dieser öffnen sich kleine, ansprechende Texte, die den Künstler und seine Arbeiten beschreiben. Wichtig ist hier, dass dieser Content suchmaschinenlesbar im Quelltext zu finden ist.
Flash kann durchaus als zusätzlicher Blickfang verwendet werden, ob eine Seite jedoch tatsächlich ausschließlich aus Flash bestehen sollte, ist schon aus Gründen der Nutzerfreundlichkeit (deaktiviertes Flash, andere technische Hürden) kritisch zu hinterfragen. Eine Lösung ist beispielsweise, nur einen Teil der Website in Flash zu lösen, beispielsweise das Portfolio, eine Mediathek oder andere Arbeitsproben. Die wichtigen Inhalte, die auch von der Suchmaschine erfasst werden sollen, werden auf separaten Seiten in Form von Text und optimierten Bildern eingebunden, beispielsweise eine Biografie, Diskografie, zukünftige Veranstaltungen oder Pressematerial.
Optimierung der Ladezeit
Seit einigen Jahren legt Google großen Wert auf eine geringe Ladezeit von Websites und Online Shops. Die offizielle Begründung: eine schlechte Performance ist nutzerunfreundlich. Wer zu lange warten muss, bis alle Elemente geladen haben und eine Seite bedienbar und lesbar ist, wird ungeduldig und springt ab, zum nächsten Suchergebnis beispielsweise. Auch mobil sind, abhängig vom Gerät, langsame Websites sehr ärgerlich. Eine lange Ladezeit zählt daher zu den negativen Rankingfaktoren.
Die Konsequenzen? Tests zeigen, dass lange Ladezeiten tatsächlich die Absprungrate erhöhen, Nutzer also wahrnehmen, wenn eine Seite sich nur langsam aufbaut. Eine schnelle Website oder ein Online Shop ist daher allein aus Nutzerfreundlichkeit eine wichtige Voraussetzung für Erfolg. Eine Ausnahme können sich höchstens sehr starke Marken leisten, deren Flash- und bilderüberladene Image Seiten vermutlich ohnehin besucht werden und vor allem Entertainment anbieten, für das Nutzer sicherlich bereit sind, längere Wartezeiten in Kauf zu nehmen.
Ein möglicher Kompromiss? Hier kann nur versucht werden, Bilder und Skripte ohne Qualitätsverlust so weit zu komprimieren, dass die Ladezeit in einem akzeptablen Bereich liegt. Ein schneller Server und optimiertes Caching können zusätzlich die Performance verbessern, ohne dass dies die Inhalte und das Design sichtbar beeinflusst.
Responsive Design
Auch 2015 in Zeiten der mobilen Endgeräte, gibt es noch zahlreiche Websites, die auf dem kleinen Bildschirm von Smartphones kaum lesbar und bedienbar sind. Zu kleiner Text, Links und Schaltflächen zu klein oder zu dicht zusammen, keine mobilfreundliche Navigation und ähnliches machen mobilen Nutzern das Leben schwer und sorgen dafür, dass Google Websites, die nicht mobilfreundlich sind, mindestens in der mobilen Suche abwertet. Die bevorzugte Lösung ist das Reponsive Design, das abhängig von der Bildschirmgröße eine optimale Darstellung der Inhalte liefert. Seit dem „Mobilegeddon“, einem speziell auf nicht-mobilfreundliche Seiten ausgerichtetes Google-Update aus diesem Jahr, sind zumindest viele Webmaster für das Thema sensibilisiert.
Die Konsequenzen? Die mobilen Nutzer werden immer mehr. Wo noch vor Jahren die 5% mobiler Besucher getrost vernachlässigt werden konnte, schließen Webseitenbetreiber, die kein passendes mobiles Angebot bereitstellen, inzwischen deutlich mehr Besucher und potenzielle Käufer oder Fans aus.
Ein möglicher Kompromiss? Zum Responsive Design gibt es keine echte Alternative. Möglich, wenn auch nicht der empfohlene Weg, ist eine mobile Version der Website, auf die mobile Nutzer automatisch geleitet werden. Hier sollte das Design entsprechend der verkleinerten Darstellung angepasst und vereinfacht werden, Desktop-Nutzer sehen die volle Version.
Fazit: Nutzerfreundlichkeit, technische Präzision UND „Google Pleasing“
Wie die aufgeführten Beispiele zeigen, geht es tatsächlich in den wenigsten Fällen ausschließlich darum, Google zu gefallen. Viele Maßnahmen dienen bei genauerer Betrachtung vorrangig der Usability und dem Anspruch, Nutzern die Bedienung der Website oder des Online Shops so angenehm wie möglich zu machen.
In einigen Fällen wie den sehr grafiklastigen oder gar komplett flashbasierten Websites kann der Verzicht auf Suchmaschinenfreundlichkeit funktionieren. Sie mag von der Zielgruppe (einer bereits bestehenden Fanbasis oder einer aufgeschlossenen, geduldigen Besucherschaft, die auf anderen Wegen vom Namen des Künstlers oder der Marke gehört hat) nicht negativ aufgenommen werden und kann damit genau den Zweck erfüllen, zu dem sie konzipiert und umgesetzt wurde.
Anzumerken ist außerdem, dass sich durchaus ein erfolgreiches Unternehmen betreiben lässt, ohne die Suchmaschinenoptimierung zu berücksichtigen. Über Kanäle wie Social Media oder Affiliate Marketing oder natürlich auch Offline-Maßnahmen kann eine so starke Marke aufgebaut werden, dass allein der Eigenname so viele Besucher auf die Seite oder in den Shop zieht, dass allgemeinere Suchbegriffe zu vernachlässigen sind. Wer sich also absolut dagegen sträubt, braucht Googles Vorgaben nicht zu folgen, sollte sich aber bewusst sein, dass der Verzicht auf die Suchmaschine als Besucherquelle durch andere Maßnahmen und Kanäle ausgeglichen werden muss, um online erfolgreich zu sein (sofern sich Erfolg durch Besucherzahlen und Kontaktanfragen oder Verkäufe messen lässt).
Beitragsbild: CC-BY-SA Pleuntje / Flickr